Interview mit Susanne Kordasch von YFU e.V.
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Hier findest du unser Interview mit Susanne Kordasch, Leitung Öffentlichkeitsarbeit bei YFU e.V.
1. Welche drei Aspekte machen YFU e.V. aus?
Durch unsere langjährige Erfahrung im Schüleraustausch und unser großes Netzwerk an Ehrenamtlichen wissen wir genau, was eine gelungene Austauscherfahrung ausmacht. YFU wurde 1957 von ehemaligen Austauschschülern gegründet, die ihre eigenen Erfahrungen weitergeben wollten. In den vergangenen 60 Jahren haben über 60.000 Jugendliche ein Austauschjahr mit uns verbracht, sodass wir heute ein Netzwerk an über 2.000 aktiven Ehrenamtlichen haben, die mit ihrer Erfahrung unsere Austauschprogramme mitgestalten. Dadurch konzentrieren wir uns auf die wesentlichen Aspekte eines Austauschs, um die idealen Rahmenbedingungen zu schaffen, sich im Austauschjahr persönlich voll entfalten zu können: Eine ausführliche Vorbereitung, eine sorgfältig ausgesuchte Gastfamilie und eine persönliche Betreuung vor Ort. Nicht zuletzt zeichnen wir uns durch unsere Gemeinnützigkeit aus: Wir organisieren Schüleraustausch, um interkulturellen Austausch und Toleranz zu fördern, und erzielen mit unseren Austauschprogrammen keinen finanziellen Gewinn.
2. Wie läuft ein Austausch bei euch in der Regel ab?
Alles beginnt mit der Bewerbung bei uns. Nach Vervollständigung der Bewerbungsunterlagen laden wir unsere interessierten Jugendlichen zu einem Gesprächstermin ein, um sie persönlich kennenzulernen. Hier wird kein Wissen abgefragt, sondern wir möchten herausfinden, ob sie bereit für eine Austauscherfahrung sind. Nach einem erfolgreichen Kennenlernen erfolgt in den kommenden Wochen und Monaten die eigentliche Vorbereitung auf das Austauschjahr: Jeder unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer nimmt an einem einwöchigen Vorbereitungsseminar teil, auf dem sie wertvolle Tipps für das Leben im Gastland bekommen. Eine intensive Vorbereitung ist uns wichtig, da sie in unseren Augen den Grundstein für ein gelungenes Austauschjahr bildet. Gleichzeitig suchen wir für unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine geeignete Gastfamilie im Gastland. Haben wir eine gefunden, geben wir unseren Austauschschülerinnen und -schülern über unsere App Bescheid, über die wir sie auch vor und während des Austauschs mit allen wichtigen Informationen versorgen. Und dann ist es soweit: Die Schülerinnen und Schüler reisen in begleiteten Gruppen in ihr Gastland und werden dort von ihrer Gastfamilie in Empfang genommen. Es folgt ein Orientierungsseminar, bei dem Austauschschülerinnen und -schüler aus verschiedenen Ländern zusammenkommen und einen „Crash-Kurs“ in Sachen Sprache, Kultur, Geschichte etc. des Gastlandes bekommen. Auch unterjährig gibt es immer wieder persönliche Treffen. Nach dem Austausch nehmen unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einem zwei- bis dreitägigen Nachbereitungsseminar teil, in dem sie das Erlebte noch einmal reflektieren, und haben danach die Möglichkeit, Teil unseres Netzwerks zu werden und sich für YFU ehrenamtlich zu engagieren.
3. Wie begleitet ihr eure Austauschüler*innen im Ausland?
Jede Austauschschülerin und jeder Austauschschüler hat im Gastland einen persönlichen ehrenamtlichen Betreuer, der in derselben Region wohnt. Dieser Betreuer ist erste Anlaufstelle bei Fragen und möglichen Problemen. Er oder sie kann auch vermitteln, wenn es in deiner Gastfamilie mal nicht so gut laufen sollte. Weiterhin gibt es in jedem Gastland ein hauptamtlich besetztes YFU-Büro, dessen Mitarbeiter telefonisch erreichbar sind – im Notfall auch rund um die Uhr. Auch die Eltern haben in Deutschland Ansprechpartner in der YFU-Geschäftsstelle, die für Notfälle ebenfalls 24 Stunden am Tag erreichbar sind. Während des Austauschjahrs werden zudem in der Regel zur Hälfte und am Ende des Austauschs Seminare angeboten, bei denen Austauschschülerinnen und -schülern zusammenkommen, um bisherige Erfahrungen mit anderen zu teilen und einzuordnen. Begleitend dazu stellen wir über unsere App für Teilnehmerinnen und Teilnehmer und deren Familien immer wieder Informationen bereit.
4. Bietet YFU e.V. Stipendienprogramme an und wie kann man sich darauf bewerben?
Als gemeinnützige Organisation setzen wir uns für Chancengleichheit ein, verfolgen klare Bildungsziele und möchten jedem motivierten Jugendlichen eine Austauscherfahrung ermöglichen, unabhängig von der finanziellen Situation der Familien. Deswegen vergeben wir jährlich ca. 300 einkommensabhängige Stipendien mit einem Gesamtvolumen von ca. 500.000 Euro. Ein Großteil sind Teilstipendien aus unserem YFU-Stipendienfond, aber wir bieten auch in Kooperation mit Förderern und Stiftungen zahlreiche Sonderstipendien an, die z.B. für Schülerinnen und Schüler von bestimmten Schulformen, Jugendliche mit Migrationshintergrund oder ehrenamtlich engagierte Jugendliche bestimmt sind. Ausnahmslos jeder interessierte Jugendliche kann während des Bewerbungsprozess ein Stipendium beantragen. Wir prüfen dann den finanziellen Bedarf der Familie und geben dann innerhalb zwei Monate Bescheid, welcher Betrag bewilligt wird. Sollte der Betrag geringer als das beantragte Stipendium sein, kann die Bewerberin oder Bewerber kostenlos vom Vertrag zurücktreten. Die Beantragung eines Stipendiums wird also in keinem Fall ein Nachteil sein.
5. Was ist aus deiner Sicht der größte Vorteil eines Schüleraustauschs, auch gegenüber anderen Austauschformaten z.B. nach der Schule?
Es ist schwer, nur einen Vorteil von langfristigem Schüleraustausch herauszupicken, da ein Austauschjahr eine so prägende Erfahrung ist und viele positive Effekte hat. Unsere Teilnehmer sind in einer wichtigen Lebensphase (15-18 Jahre), in der sie sich durch eine Austauscherfahrung besonders stark persönlich weiterentwickeln können: Sie werden selbstbewusster und selbstständiger und lernen, Herausforderungen eigenverantwortlich zu bewältigen. Durch die Teilnahme am Schulalltag im Gastland sowie am Leben in einer Gastfamilie tauchen die Jugendlichen viel tiefer in das Land und die Kultur ein, als es bei einem Urlaub, einem Kurzaustausch oder Auslandserfahrungen nach der Schule möglich wäre. Dank diesen Rahmenbedingungen entstehen während des Austauschs Verbindungen und Freundschaften, die zum Teil ein Leben lang halten. Gerade die Kombination von Schulbesuch und Familienanschluss in dieser Intensität ist nur in diesem Alter und in dem Programmformat des langfristigen Schüleraustauschs möglich.
6. Hast Du noch eine nette Geschichte aus dem Büroalltag von YFU e.V., die du mit uns teilen willst?
Unser langjährigster Mitarbeiter, der mittlerweile seit über 37 Jahren bei YFU tätig ist, ist ursprünglich US-Amerikaner, der 1977 ein Austauschjahr in Deutschland verbracht hat. Nach seinem Austauschjahr ist er dauerhaft nach Deutschland gezogen und hat hier eine Familie gegründet. Aktuell – mehrere Jahrzehnte nach seinem Austausch – verbringt er ein Sabbatical mit seiner Frau und seinen Kindern in den Staaten und macht dort sozusagen ein „umgekehrtes Austauschjahr“ in seiner Heimatstadt, um seinen Austausch und seine Wurzeln auch für seine Familie erlebbar zu machen. Geschichten wie diese zeigen, wie prägend ein Austausch mit YFU sein kann und sind sehr erfüllend für uns als Austauschorganisation.
Vielen Dank für das Gespräch!
Übrigens, alles was du wissen musst, wenn du Austauschschülerin oder Austauschschüler werden willst, haben wir dir in unserer Übersicht zusammengestellt.