Gastfamilie Schüleraustausch Italien

Erfahrungen im Schüleraustausch in Italien - mein Jahr an der Amalfi Küste

Das Auslandsjahr hat mir Denkanstöße für mein ganzes Leben gegeben, meinen Sinn für Verständigung und Offenheit sowie mein Selbstbewusstsein verbessert.

Schüleraustausch Anna

Ich bin Anna, 17 Jahre alt und habe mein Auslandsjahr mit AFS und dem AJA-Stipendium im wunderschönen Italien verbracht. Für 10 Monate habe ich dort mit meiner Gastfamilie in einer kleinen Stadt südlich von Neapel an der Mittelmeerküste gewohnt.

Battipaglia und Salerno (Wohn- und Schulort), habe ich wie auch die restlichen Gegenden dort sehr in mein Herz geschlossen und für immer ein zweites zuhause gewonnen, worüber ich sehr dankbar bin. Die Berge, hellblaues Meer, kleine Straßen mit flatternder Wäsche auf den Balkons, Cafes und Restaurants, Palmen, himmlisches Essen, der etwas chaotische aber mir dadurch sehr sympathische Charakter der Dinge dort, das durcheinander Hupen im oftmals genauso chaotischen Verkehr,... waren einfach wunderschön und genauso wie man sich eine süditalienische Gegend vorstellt.

Mittlerweile bin ich seit über 4 Wochen wieder zuhause in Hamburg. Abschiede sind immer schwer und traurig, doch es ist ein Auf Wiedersehen und kein Abschied für immer. Das Auslandsjahr hat mir Denkanstöße für mein ganzes Leben gegeben, meinen Sinn für Verständigung und Offenheit sowie mein Selbstbewusstsein verbessert. Schon während des Jahres habe ich meine persönliche Entwicklung erkennen können und sobald ich wieder in alter, gewohnter Umgebung war, erkannte ich diese noch immer mehr. Das Lernen, einer für mich damals noch ganz neuen Sprache, war eine wunderschöne Erfahrung. Mit etwas Mühe und Willen kriegt man das hin und hat danach so viel davon!

Jetzt werde ich Euch und Ihnen erst einmal ein wenig von meiner persönlichen Erfahrung erzählen und dabei auch auf Unterschiede zwischen Deutschland und Italien eingehen. Ich verschaffe zunächst einen kleinen Überblick: Wie schon zu lesen war, wohnte ich mit meiner Gastfamilie in einer Stadt namens Battipaglia im wunderschönen Süditalien. Sie liegt südlich von Neapel und nahe der Amalfi-Küste. Meine Gastfamilie war aufgebaut aus meinen beiden Gasteltern und meinen drei älteren Gastgeschwistern - zwei Schwestern und einen Bruder. Ich habe sie als eine sehr herzliche und liebevolle Familie kennengelernt und verbinde mit ihnen schöne Erinnerungen. Neben unseren zwei Katern gehörte noch vieles weitere zu dem Familienalltag, welcher sich von meinem in Deutschland unterschied. Beginnend mit den Sonntagen, an denen wir mit der ganzen Familie bei den Großeltern zusammen saßen, mit lautem Gerede, wunderbarem Essen und viel Gelächter. Auch den traumhaften Ausblick auf die Amalfi Küste und die umliegenden Berge aus unserer Wohnung im achten Stock werde ich nie vergessen.

Meiner persönlichen Erfahrung nach, geht es in italienischen Familien sehr lebhaft vor und sie sind oftmals sehr großzügig und liebevoll. Um auf den Unterschied zu Deutschland einzugehen, wird in Italien ein wirklich sehr großer Wert auf die Familie und das Zusammenleben in dieser gelegt. Familienmitglieder wohnen oftmals sehr nah aneinander und es wird gerne und oft zu den verschiedensten möglichen Dingen groß gefeiert.

Zunächst komme ich zu dem anderen, sehr wichtigen Teil meines Auslandsjahres, der Schule. Ich ging auf ein „Liceo Musicale“, welches man mit einem deutschen Gymnasium mit Musikschwerpunkt vergleichen kann. Der Unterschied zu dem klassischen Gymnasium liegt darin, dass jeder von uns die Möglichkeit hatte, in zwei Instrumenten professionellen Einzelunterricht zu bekommen sowie einen Gruppen-Musik Unterricht. Neben den normalen Fächern wie zum Beispiel Geschichte, Mathe und Englisch gehörten also auch Musiktheorie, Musikgeschichte und Komposition zu meinem täglichen Stundenplan dazu. Ich hatte dort Kontrabass, Gesangs- und Chorunterricht, was für mich perfekt war, da ich ebenfalls hier in Hamburg auf ein Musikgymnasium gehe und somit meine Leidenschaft für Musik auch während meines Auslandsjahr weiterführen konnte.

Die italienische Schulart unterscheidet sich definitiv von unserer in Deutschland. Der Unterricht besteht hauptsächlich aus Frontalunterricht und auch der Samstag ist ein regulärer Schultag, daran gewöhnte ich mich aber schneller als gedacht. Vor meinem Auslandsjahr habe ich öfters gehört, dass die italienische Schule ziemlich streng ist, doch schon nach meiner ersten Schulwoche habe ich gemerkt, dass es viel entspannter und angenehmer ist als gedacht. Auch die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler ist divers zu der die man normalerweise in den Deutschen Schulen sieht. Die SchülerInnen und LehrerInnen haben eine sehr respektvolle, doch gleichzeitig sehr nahe und schöne Beziehung und es herrscht eigentlich immer sehr lustige und gute Stimmung in der Klasse. In meiner Klasse der 4AM, war immer irgendetwas los, was den Schultag nie langweilig gemacht hat. Man macht zusammen viele Witze und kann sich somit kurz von dem langen Unterricht ablenken, welcher nämlich in der Regel ohne Pause von 08:30 Uhr Morgens bis 13:10 Uhr Mittags ging.

Der erste Schultag ist glaube ich das aufregendste, was man als Austauschschülerin in den ersten Tagen erlebt. Abgesehen davon, dass es der Start in einen der wichtigsten und größten Bestandteile dieser 10 Monate ist, ist es in meinem Falle auch mit der Sprache sehr aufregend gewesen. Dem geschuldet, dass die absolute Mehrheit der ItalienerInnen leider kein sehr gutes Englisch sprach, war die Verständigung anfangs lustig. Zunächst war ich sehr nervös, ohne richtiges italienisch sprechen zu können, stand ich dort in den riesigen, mir heute so vertrauten Gängen und Hallen meiner Schule und war umgeben von vielen, laut und schnell italienisch redenden SchülerInnen und Lehrkräften. Durch ihre lockere und sympathische Art haben mir die SchülerInnen sowie auch meine LehrerInnen das Eingewöhnen in den Schulalltag sehr erleichtert. Die Verständigung funktionierte anfangs mit Übersetzern und Körpersprache dann auch irgendwie, wenn auch auf eine lustige Art und Weise. In den ersten Tagen, Wochen und Monaten, habe ich durch meine Schule so viele tolle Menschen und Freunde kennengelernt und jeden Tag Fortschritte im Italienisch machen können.

Abgesehen von der Schule und Musik, bestand mein italienischer Alltag aus Sport machen, mich mit meinen Freundinnen treffen und an die verschiedensten Orte, Städte und Strände zu fahren. Meinen letzten Monat in Italien hatte ich Sommerferien und war oft gemeinsam mit meinen FreundInnen unterwegs, wir haben zusammen wunderschöne unvergessliche Erinnerungen geschaffen. Meist sind wir morgens mit dem Bus in die Amalfi Küste gefahren und bei einem schönen Strand ausgestiegen um dort den Tag zu verbringen. Die Serpentinen Straßen, der Ausblick auf das hellblaue Wasser, Boote und bunte Häuser. Diese Busfahrten waren so wunderschön, dass sie fast unrealistisch wirken. Dann Tage in Neapel und ein Wochenende auf Procida mit anderen AustauschschülerInnen, man erlebt in dieser kurzen Zeit so viel. Jeden Tag habe ich mehr über die italienische Kultur, Kunst und Geschichte gelernt und mich dadurch immer mehr zuhause gefühlt. Die Personen, die Leichtigkeit und Leidenschaft Dinge zu tun, hat mich einfach sehr fasziniert und ich habe mir davon definitiv vieles angeeignet und nach Deutschland mitgenommen.

Generell würde ich sagen, dass die italienischen und deutschen Jugendlichen nicht viel von einander unterscheidet. Die Erwartung an sich selbst direkt am Anfang die engsten Freunde zu finden, darf man glaube ich nicht haben. Das entwickelt sich mit der Zeit ganz von selbst, ich bin mir sicher, dass es vor allem wichtig ist, sich mit vielen verschiedenen Leuten zu unterhalten und Dinge zu unternehmen, nicht Nein zu sagen, die Komfortzone zu verlassen und sich mit diesem Thema nicht zu stressen.

Das Thema der Komfortzone verlassen, wird einem im Auslandsjahr sehr oft begegnen. Doch genau deswegen kann einem ein Auslandsjahr so viel bringen, da man oft Situationen ausgesetzt ist in denen man über sich selbst hinauswachsen muss. Ich brauchte zum Beispiel Zeit, um meine Schüchternheit, die ich zu Anfang vor allem in neuen Gruppen habe, richtig abzulegen. Das ist aber nach ein paar Wochen/Monaten schon viel besser geworden und ich bin mittlerweile um einiges Selbstbewusster, lockerer und offener neuen Leuten und Situation gegenüber geworden. Das liegt wohl generell an der Erfahrung eines Auslandsjahres, aber sicherlich auch an all den offenen und charakterstarken ItalienerInnen um mich herum, deren selbstbewusste und lebhaft, passionierte Art ich definitiv mit nach Deutschland nehme!

Ich habe so viel gelernt in den letzten Monaten, so viele verschiedene Erfahrungen gemacht und mir so selber ein bisschen beim „Größer werden“ zuschauen können. Wie anfangs schon erwähnt, die Sprache - die natürlich nicht zu vergessen ist. Ich bin so ziemlich ohne Sprachkenntnisse gekommen, doch mit etwas Bemühung und dem Italienisch-Sprachkurs vor Ort wurde es immer einfacher und es macht und machte mir total Spaß von Tag zu Tag mehr sprechen und verstehen zu können. Der Kurs in den ersten 3 Monaten hat unglaublich geholfen, ich hatte ihn zu zweit mit einer argentinischen Austauschschülerin und unsere Lehrerin hat uns die Sprache super nahegebracht. Jeder fand seine eigene Art die Sprache zu lernen, was genau das Spannende war. Mittlerweile habe ich keine Probleme mehr, die Sprache zu verstehen und das Sprechen kommt automatisch. Sicherlich muss ich hier und da mal eine Vokabel nachschauen, doch ansonsten spreche ich Italienisch mittlerweile flüssig. Die berühmten italienischen Gesten und Körpersprache kommen übrigens ganz von selbst nach ein paar Wochen dazu! Anfangs gab es wie bereits beschrieben, noch die Herausforderung sich zu verständigen, da hier wenige Englisch sprechen, aber im Nachhinein ist genau das eigentlich die perfekte Voraussetzung gewesen. So hatte ich nämlich umso mehr die Motivation die Sprache so schnell wie möglich zu lernen.

Hier in Deutschland bleibe ich durch den Kontakt zu meinen italienischen Freundinnen, italienischer Musik und Filmen dabei die Sprache zu hören und zu sprechen. Zum Abschluss möchte ich noch einmal anmerken, dass schwierigere Phasen und Situationen definitiv zu einem Auslandsjahr dazu gehören. Ich bin mir aber sehr sicher, dass diese das alles erst komplett machen, denn genau diese Situationen und Momente tragen dazu bei, dass man selber wächst, da man erst einmal auf sich alleine gestellt ist. Von der Organisation und der jeweiligen Partnerorganisation im Ausland kann man sich auch immer Hilfe holen und Rat suchen. Meine italienische Partnerorganisation INTERCULTURA hat mich immer sehr unterstützten können und mir in einigen schwierigen Momenten gut Hilfe geleistet, über welche ich sehr dankbar bin. In diesem Atemzug möchte ich AFS und Intercultura für die Organisation danken und natürlich einen riesigen Dank an AJA für das AJA-Stipendium ausrichten, die mir somit diese tolle Erfahrung zum Teil finanziert habe.

Ich hoffe, dass euch mein Stipendienbericht gefallen hat und ich Euch und Sie ein wenig dazu anregen können selbst ein Auslandsjahr zu starten - vielleicht ja sogar in Italien! Wenn es finanziell möglich ist, oder Ihr euch durch ein Stipendium wie meines von AJA, einen Aufenthalt im Ausland möglich machen könnt, kann ich nur raten diese Chance zu nutzen!

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